Ich fahre seit Jahren mit der Bahn nach Frankfurt, da ich dort arbeite. Durch Corona und Home-Office wurden die Fahrten zwar weniger, aber nicht unbedingt langweiliger. Nicht immer ist die Bahn Schuld an irgendwelchen Verspätungen und Ausfällen, aber manchmal vermisse ich einfach das richtige Gespür der Bahn-Mitarbeiter und natürlich auch der Bahn-Mitarbeiterinnen, für besondere Situationen und die Lösung von Problemen.
Weil eine Frau auf eine Brücke kletterte, brach der gesamte Bahnverkehr rund um Frankfurt zusammen. Einen Artikel dazu gibt es hier: Zugverkehr um Frankfurt. Natürlich kann die Bahn nichts dafür, dass einige Zeitgenossen und Zeitgenossinnen durch ihr Verhalten andere Leute, ob bewusst oder unbewusst, ärgern und behindern und wütend machen. Aber wenn die Bahn dann noch einen oder auch mehrere drauf setzt, dann darf man sich nicht wundern, wenn die Fahrgäste absolut sauer sind.
Nun, an diesem Tag war ich in Frankfurt auf der Arbeit und wie man es sich so angewöhnt hat, schaut man natürlich auf die Bahn-Seite und vorsorglich nochmal in die Bahn-App, bevor man sich auf den Weg zum Bahnhof macht. Alles war in Ordnung, kein Grund zur Sorge, alles war pünktlich. Und just als ich wohl das Gebäude verließ, turnte die oben erwähnte Dame auf der Brücke herum. Ungefähr 15 Minuten später am Bahnhof angekommen staunte ich nicht schlecht über die ganzen Ausfälle und Störungen. Wie bei der Bahn üblich, gab es natürlich erst mal keine genauen Angaben, was denn nun der Vorfall sei, weswegen man sich auf dem Bahnsteig verweilen sollte. Die Fahrgäste liefen auf den Bahnsteigen umher, da ja auch die Anzeigetafeln mal hier und mal dort etwas ankündigten, was aber gar nicht eintraf. Es begab sich, dass ein Zug einfuhr, der locker hätte der richtige sein können. Allerdings blieben die Türen verschlossen. Die Leute standen also am Gleis herum, manche probierten in regelmäßigen Abständen die Türöffnung und andere unterhielten sich. Irgendwann öffneten sich die Türen und die Fahrgäste stiegen ein. Ich saß im Doppelstockwagen oben an der Treppe auf den Quersitzen und bemerkte eine Getränkedose, die in ihrem eigen Saft am Boden klebte. Der Zug wurde voller und voller und die Sitzplätze waren alsbald belegt und die Leute standen in den Zugängen beieinander. Nach geraumer Zeit kam die Durchsage, der Zug müsse dringend in die Werkstatt wegen Reparaturarbeiten und die Leute mögen doch bitte alle aussteigen. Da ja das Volk folgsam ist, stiegen alle wieder aus und die Suche nach dem nächsten Zug, der eventuell fahren könnte, begann von vorne. Bereits nach kurzer Zeit strömten die Leute zu einem anderen Bahnsteig, an dem wohl jetzt endlich ein Zug fahren sollte. Zumindest war die Anzeigetafel vielversprechend und viele Fahrgäste waren voller Hoffnung. Die Türen öffneten sich und da ich günstig stand, konnte ich bereits mit den ersten Fahrgästen einsteigen. Ich stieg die Treppe empor, setzte mich wieder auf einen Quersitz und erblickte sofort die Getränkedose in ihrem eigen Saft.
Liebe Deutsche Bahn, was soll diese Verarsche von wegen Reparatur oder gab es eine Spontanheilung des Zuges ?
Nun ja, irgendwann rollte der Zug aus dem Bahnhof heraus und kroch im Schneckentempo auf eine Brücke zu, die zum Glück nicht von einer weiblichen Gleisgängerin belagert wurde. Und irgendwann begann der Zug dann auch zu fahren und alle waren froh, dass es wohl jetzt in den wohlverdienten Feierabend oder zum Sport oder zum Kind oder zum Mann oder zur Frau ging. Da ich in einen Regionalzug eingestiegen war, der ja bekanntlich an jedem Maulwurfshügel stehen bleibt, war es auch völlig in Ordnung, dass dieser an den nächsten beiden Haltestellen die Leute ein- und aussteigen lies. Die nächsten beiden Haltestellen schien der Lokführer aber nicht zu kennen, denn er rauschte einfach vorbei. Nun ja, man ist ja einiges gewohnt von der Bahn und nicht selten wird aus einem Regionalzug ein Regionalexpress, der ja nicht überall hält. Das geht auch immer dann umgekehrt, wenn man es eilig hat. Mir sollte es recht sein, wäre ich doch so früher daheim. Aber auch der nächste reguläre Halt für einen Express schien dem Lokführer unbekannt und auch der übernächste. Das die Bahn jetzt aus einem Express einen ICE gemacht haben soll, das kam mir dann doch merkwürdig vor. Also suchte und drückte ich den Knopf mit dem “i” und hoffte, jemand möge sich melden. Und tatsächlich hörte ich eine Stimme. Auf meine Frage, warum der Zug denn eigentlich nicht mehr halten würde, kam die Antwort: “Wir fahren jetzt bis zur Endstation durch um die Verspätung aufzuholen.” – hää ??!! Durchfahren ?? Ich fragte dann, warum es denn keine Durchsage gab um die Fahrgäste zu informieren, worauf ich nur ein Rauschen hörte. Einen Moment später kam die Frage, wo ich den aussteigen wolle und der Nachsatz versicherte mir, man werde “ihretwegen” jetzt extra dort halten. Ich schwöre, ich war nicht der Einzige, der da ausgestiegen ist.
Liebe Deutsche Bahn, liebe Bahnmitarbeiter*innen, so kann man nicht mit seinen Kunden umgehen !
Und die ganze Odysee, von Bürotür bis zur Haustür hat 6 Stunden gedauert – fast einen ganzen Arbeitstage mit der Bahn verbracht – ohne Bezahlung.