Am Anfang war das Baud



Früher, und ich meine wirklich früher, also bevor es das Internet gab, so wie es jetzt ist, bunt, manchmal laut, total überlaufen und manchmal sogar gefährlich, da gab es Mailboxen – kurz BBS – oder auch “Bulletin Board Systeme”. So eine Mailbox hatte ich auch mal, man ist ja interessiert an der modernen Technik. Allerdings war der Zugang zu solchen Mailboxen alles andere als einfach und die große Masse hatte weder Ahnung noch Interesse an diesem “neumodischen” Zeug. Mit Telefon und Modem wählte man sich in so ein System ein, vorausgesetzt, man hatte die Telefonnummer. Solche Nummern fand man gelegentlich in Fachzeitschriften, damals war die Zeitschrift C’t so ein wichtiges Tool – es gab ja damals keine Suchmaschinen wie Google. Manche Mailboxen führten auch Nummer-Listen und so konnte man sich von Box zu Box durchwühlen. Die meisten privaten Mailboxen hatten nur eine Telefonleitung, ich natürlich auch. Das führte letztendlich dazu, daß so eine Mailbox auch mal “besetzt” war und Tante Gerlinde nicht anrufen konnte um von der Taufe ihres Enkelkindes zu erzählen – wobei, das war jetzt nicht so schlimm, also das mit der Tante. Einige Elektro-Vereine und manche Verlage konnte man glücklicherweise über mehrere Leitungen erreichen. Es gab sogar damals bereits diverse “Online-Shops”. Allerdings waren die Produktbilder wenig aussagekräftig, da es ja keine echte Grafikdarstellung gab.

Die Startseite meiner ersten Mailbox sah in etwa so aus:


Die “Grafiken” wurden anhand von ASCII-Zeichen dargestellt und zwar mit einer Auflösung von 80×25 Zeichen. Es gab Leute, die konnten auch auf dieser kleinen Fläche richtig gute Sachen machen, hier einige Beispiele => BBS-Bilder.

Da die meiste Software damals üblicherweise ohne Productkey und Online-Aktivierung funktionierte, waren manche Telefonnummern ein echtes Paradies für “Downloads” der neuesten Software.

Und eines Tages habe ich dann etwas vom Internet gehört und gelesen und mich dafür interessiert. Man konnte auf dem Monitor richtige Bilder sehen und ganze Berichte lesen, ohne das man eine Telefonnummer gebraucht hätte – so ein Teufelszeug.
Meine Internetanfänge lagen darin, daß ich meine Seiten mit einem banalen Texteditor gebastelt habe. Da gab es noch keine “Was du siehst ist was du kriegst”-Technik. Da hatten die Bilder 16 Farben, weil 256 Farben zuviel Speicherplatz brauchten. Da hatte ich satte 2MB Speicherplatz – und der wurde nicht voll, ich schwör. Da mir damals ISDN noch zu teuer war, rauschten meine Daten mit 14.400 Baud durch die Leitung – bitte was ? Ja richtig, nicht mit MBit und GBit und Lichtkabel und so, mit Baud’s und die haben sich damals am Telefon sehr häßlich angehört.

Hier mal eine kleine Rechnung:
14.400 Baud = 1,8 Kilobyte pro Sekunde
Die Übertragung von einem Handy-Bild mit einer Größe von 14MB hätte damals 129 Stunden gedauert – und heute ? – Schwupps, ist es auf WhatsApp gepostet.

Bei meinem damaligen (ersten) Provider konnte ich mich nicht einfach mal so anmelden und Bilder und HTML-Dateien per Drag&Drop hochladen, nee, die Dateien wurden damals per Mail versendet und der Administrator auf der anderen Seite hat die Dateien dann mal irgendwann online gestellt. Da wurden am Sonntagabend (weil Wochenendtarif) die fertigen HTML-Seiten und paar Bilder dazu (Größe 240×160) über zwei Stunden lang per Mail versendet. Na gut, in der Zwischenzeit hat man Tatort geguckt, RTL gab es nur über Satellit und so eine SAT-Schüssel hatte halt nicht jeder, um dann “endlich online” festzustellen, daß dieses verfluchte Komma immer noch an der falschen Stelle steht. Mit flüchtigen Tippfehlern hat man sich damals den Admin bestimmt nicht zum Freund gemacht.

Eine echte Fundgrube für uralte Webseiten ist die WaybackMachine. Hier findet man sogar einige “Schmankerl” aus meinen Anfangszeiten, z.B. eine meiner ersten Websurium-Seiten oder mein Versuch einer Anleitung, wie man eine Homepage erstellt – vom 27 Apr 1999.
Irgendwann hatte ich dann ISDN und somit richtig viel Power auf der Leitung und so begann ich meine ersten grafischen Versuche im Web-Design mit meinem Grafiksurium. Und viele dieser Grafiken funktionieren sogar noch in diesem Internet-Archiv. Allerdings zeigen manche Links nicht mehr die ursprünglichen Webseiten, wenn diese Links tatsächlich noch real existieren – also nicht archiviert sind. Hier müsste man dann die Links wieder über die WaybackMachine direkt suchen.

Ansonsten führen Links auf diesen Archiv-Seiten sogar zu uralten Original-Seiten – z.B. von Netscape – sofern diese Seiten in diesem riesigen Archiv abgelegt sind. Ich kann diese Seite nur wärmstens empfehlen, wenn Jemand Lust hat mal zu sehen, wie die “Highlights” von damals aussahen.

Fortsetzung folgt …. wenn mir hierzu noch was einfällt.

Hier mal bißchen Lektüre:
Was ist eigentlich die Bitrate ?
Übertragungsgeschwindigkeit umrechnen